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Season 4 - #3 Die Zukunft der Automobilindustrie: Strategien, Technologien und der globale Wettbewerb

EFS Consulting Season 4 Episode 3

Christian Schaupp, Geschäftsführer bei EFS Consulting, spricht mit Host Ralph Zlabinger über die Zukunft der Automobilindustrie im Spannungsfeld zwischen Europa und China. Im Gespräch geht es um technologische Umbrüche, Marktverschiebungen und die strategischen Herausforderungen, die sich für Hersteller und Zulieferer weltweit ergeben.

Christian Schaupp beschreibt, wie sich die Branche in einer Phase tiefgreifender Transformation befindet: vom Verbrennungsmotor hin zum elektrischen und hybriden Antriebsstrang sowie zur zunehmenden Bedeutung von Software. Themen wie Software-defined Vehicle, autonomes Fahren und neue Produktionsnetzwerke prägen diesen Wandel.

Dabei stellt sich heraus, dass die Ausgangsituation nicht unterschiedlicher sein könnte. Während europäische Hersteller daran arbeiten, den Übergang zu neuen Technologien zu gestalten und bestehende Strukturen weiterzuentwickeln, setzen chinesische Unternehmen ihren bereits früher begonnenen Weg in Richtung Elektromobilität und Software fort. Europa und China stehen dabei beispielhaft für unterschiedliche Ausgangspunkte und Ansätze in einer sich wandelnden globalen Automobilindustrie.

Im Austausch wird deutlich, welche Faktoren die Wettbewerbsfähigkeit bestimmen: technologische Kompetenz, Anpassungsfähigkeit und die Fähigkeit, neu aufkommende Kundenerwartungen zu verstehen – jetzt reinhören!

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Deswegen sind wir jetzt auch in der Situation, weil die deutsche Automobilindustrie oder die europäische, die muss de facto auf zwei Hochzeiten tanzen, und zwar relativ intensiv. Sagt Christian Schaupp, Geschäftsführer bei EFS Consulting. Wir haben ihn heute eingeladen, damit wir uns über das Thema Automotive unterhalten können. Wir werden viele Bereiche abdecken, aber besonders beschäftigen wir uns mit den beiden großen Automotive Mächten Deutschland und China.


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Denn da gibt es wirklich spannende Fragen zu beantworten. Mein Name ist Ralph Zlabinger, ich bin euer Host und ich wünsche euch viel Spaß mit der folgenden Episode.

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Hallo Christian, es freut mich sehr, dass du heute zu Gast bist im EFS Podcast. Ich bin ja jetzt schon seit ein paar Jahren der Podcast Host und du bist schon sehr lange Geschäftsführer und schon länger natürlich, als es den Podcast gibt. Faszinierenderweise haben wir es aber trotzdem bisher noch nie geschafft, gemeinsam eine Folge zu machen. Das heißt, es ist mir halt eine ganz besondere Ehre, dass ich mal der Host sein darf, wenn du zu Gast bist.

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Jetzt würde ich dich aber dann kurz bitten, dich vielleicht mal kurz vorzustellen und zu sagen, wie es dir geht, wie du heute hergekommen bist. Hallo Ralph, wie es mir geht? Mir geht es immer gut. Ja, das stimmt. Wir haben uns hier noch nie getroffen. Und ja, den Podcast gibt es noch nicht so lang wie mich. Mich gibt es jetzt seit mehr als 30 Jahren.

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Wer bin ich? Ja, ich bin - neudeutsch - der Founder. Wobei es ein wirkliches Founding war. Es nicht. Es war eher Management-Buyout aber thematisch sicher gemeinsam mit dem Truls der Gründer und auch derjenige, der ihr EFS ausgerichtet hat. Jetzt seit einer sehr langen Zeit. Wir sind weltweit unterwegs gewesen. Automobilindustrie ist mit Sicherheit sozusagen mein Kernthema. Es war sehr, sehr stark aus Europa Perspektive, aber auch stark aus China

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Perspektive, aus Japan Perspektive. Ich war in Brasilien also mit globalem Blick. Wunderbar. Da möchte ich doch gleich drauf einsteigen. Wir wollen uns ja heute über die Automobilindustrie oder Automotive unterhalten und da hast du ja jetzt, wie du ja selber gesagt hast, ja de facto schon 30 Jahre oder ein bisschen mehr Erfahrung. Was sind eigentlich die ganz großen Wendepunkte in dieser Zeit gewesen, die du da so gesehen und beobachtet hast?

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Ich würde zwei Aspekte unterscheiden. Einerseits das Thema Technologie, da braucht man jetzt kein großer Spezialist sein, um zu sagen, das, was in der Automobilindustrie relativ disruptiv war, ist die Veränderung der Treibstoff Technologie, also der Weg sozusagen vom Verbrenner zum elektrischen Triebsstrang oder Hybrid Triebstrang...das Ganze dann noch angereichert um das Thema Software, neudeutsch Software-defined Vehicle.

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Aber ich sage mal letztendlich die Zunahme der Software-Funktionalität im Fahrzeug wofür auch immer. Sei es jetzt im Aspekt Schnittstelle zum Fahrer, aber auch Schnittstelle ins Fahrwerk und damit werden wir vielleicht sozusagen auch noch mit einer anderen Technologie, nämlich das Thema Selbstfahren: ADAS, was diese Software Intention oder diesen Anstieg der Software-Funktionalität die Voraussetzung dafür war.

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Also das ist so in der Technologie das, was große Veränderungen gebracht hat. Es gab aber noch eine andere große Veränderung und die hat was mit Kundenverhalten zu tun und mit Märkten zu tun. Es war eigentlich sehr lange Zeit so, dass sozusagen die Grundwerte “Was ist ein gutes Auto?” sehr stark determiniert waren durch das, was Europa vorgegeben hat und über die Zeit und das ist jetzt sicher schon zehn, 15 Jahre her, haben sich manche Regionen emanzipiert und haben tatsächlich davon abweichende Grundwerte entwickelt, was letztendlich uns jetzt auch in die Situation gebracht hat, in der wir jetzt sind.

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Aber darüber werden wir ja später noch sprechen. Ich würde sehr gern später auf das Thema einsteigen, ich glaube wir werden natürlich sehr viel über China reden, weil die sich da ja ganz besonders entwickelt haben. Wir wollen aber vielleicht noch einmal allgemein in der Automotive bleiben, weil du da ja einen guten Überblick hast. Mich würde zum Beispiel interessieren, wo siehst du jetzt gerade die großen Themen, die die Automotive beschäftigen, sei es in China, sei es in Deutschland, weil wir ja auch als EFS, als Zulieferbetrieb, als Beratungsbedarf in dieser Branche unterwegs sind.

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Was tut sich gerade? Was fragen die Kunden besonders stark an? Ich weiß nicht, ob es die Kunden sind, die da die Problematik schaffen, also die großen Themen, mit denen sich die Automobilindustrie beschäftigt, die sind regional unterschiedlich. Wenn ich durch die europäische Perspektive blicke, dann ist das große Thema, die Transformation in diese neue Technologie Ecke zu schaffen und gleichzeitig eine Art von Investschutz für die schon getätigten Investitionen in die alte Technologie sicherzustellen.

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Das ist eine spezifische Situation, in der die Europäer sind, auch die Amerikaner, by the way. Aber die Amerikaner als solche waren immer eher regional fokussiert mit ihrem Produkt und deswegen leiden sie nicht so sehr durch diese globale Transformation. Die chinesischen Hersteller sind nicht so sehr in einem Transformationsprozess, weil die waren ja in der alten Technologie gar nicht so drinnen.

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Die haben von Anfang an eigentlich auf die neue Technologie gesetzt und sind dort eher in einem Entwicklungsprozess. Und deswegen sind wir jetzt auch in der Situation, weil die deutsche Automobilindustrie oder die europäische, die muss de facto auf zwei Hochzeiten tanzen, und zwar relativ intensiv. Das ist extrem investintensiv. Sie muss mit diesem Nachfrage oder Anforderungs-Bias den ich zuerst erwähnt habe, umgehen, was wiederum Nachfrage, Implikationen hat und das treibt sie wiederum in das nächstes Transformationsthema, nämlich eine globale Mengenflexibilität zu entwickeln.

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Und trotz dieser Investitionen und trotz dieser Nachfrageschwankungen immer noch wirtschaftlich zu bleiben. Deswegen sind auch so gut wie alle in einem Restructuring-Prozess, stellen ihre Produktionsnetzwerke infrage, stellen ihre Produktportfolios infrage und das alles gleichzeitig. Und das ist nicht nur viel Geld, das man dafür braucht. Es ist auch einfach viel Ressourcen im Sinne von geistigen Ressourcen, Fokus und Kapazität, die man dafür braucht.

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Es ist ja so genau aus diesen Gründen, die du erwähnt hast, scheint eine Art Pessimismus zu herrschen am Markt oder in der Automobilindustrie im Allgemeinen. Ich würde aber trotzdem behaupten, dass das Auto einfach eines der faszinierendsten Produkte ist, weil es ja eines der kompliziertesten Massenprodukte ist. Es ist ein hochtechnisches, komplexes Produkt, aber gleichzeitig eben auch ein Massenprodukt und es gibt fast nichts Vergleichbares auf der Welt.

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Das ist etwas ganz Spezielles. Daher würde ich nach wie vor behaupten, dass junge Menschen sehr interessiert sind, in der Automobilindustrie zu arbeiten. Was würdest du heute jungen Menschen mitgeben? Also worauf sollen sie sich fokussieren? Wie können sie sozusagen einsteigen in diese Welt und worauf sollten sie besonders achten? Also in welche Bereiche sollten sie sich begeben? Ich glaube, dieses Einsteigen ist eigentlich die Kernfrage, weil grundsätzlich ist es so, dass die Bereiche, in denen der Krieg gewonnen wird, in Richtung gutes Produkt, effektive Produktion und am Schluss auch entsprechend Ergebnis in der Kassa, die sind gleich geblieben.

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Und wie du richtig gesagt, das große Problem oder die große Herausforderung in der Automobilindustrie ist ein hochtechnologisiertes, hochkomplexes Produkt in einer großen Menge skalierend zu fertigen. Und deswegen sind die Supply Chain Themen nicht weniger geworden, im Gegenteil sogar eher mehr wegen dieser globalen Flexibilität, die noch größer ist, die man braucht. Aber dort, wo jetzt investiert wird, ist natürlich mit Sicherheit in den Technologiebereichen, von denen ich gesprochen habe.

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Und man sieht ja, wie groß die Anstrengungen sind und wie überschaubar die Erfolge noch sind im Aufbau einer industriellen Batteriefertigung, aber auch in der sozusagen Erweiterung der Kompetenz der bestehenden Automobilhersteller in Richtung Softwarehaus und in Richtung der Integration zwischen den Software-Funktionalitäten, der dafür erforderlichen Hardware und der sozusagen alten Hardware die ein Auto zu einem Auto macht, weil vier Räder, ein Fahrwerk,

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Bremsen hat das Ding ja immer noch. Ja, und auseinanderfallen soll es auch nicht. Das heißt, die alten Tugenden zu behalten, die neuen Tugenden aufzubauen und zu integrieren mit den alten, das ist eigentlich die Challenge. Und der Einstieg geht natürlich leichter über die neuen Tugenden, das heißt über die Ecke Software. Gutes Stichwort Software. Jetzt ist die deutsche Automobilindustrie natürlich historisch gesehen, traditionell gesehen eben eine sehr starke Ingenieurswelt und versucht jetzt gerade, diese neuen Tugenden zu erlernen.

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Und wie du schon erwähnt hast, das ist sehr komplex, weil man das Dagewesene kann man nicht so einfach vergessen und das Neue muss man aber irgendwie integrieren. Wie schätzt du das jetzt überhaupt ein? Wie steht es die deutsche Industrie eigentlich wirklich da heutzutage? Die deutsche Industrie hat mit Sicherheit eine größere Challenge als jetzt im Vergleich zum Beispiel die chinesischen OEMs, weil sie wie gesagt, hier ein größeres Paket aus der Vergangenheit mitzutragen haben, was auf der einerseits ein Asset ist, auf der anderen Seite natürlich auch eine Bürde, wenn es darum geht, wirtschaftlich zu sein und das ist, glaube ich, auch ein großer Aspekt, den man nicht vergessen darf die Maxime in all den OEMs in

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Europa ist ja, in einem wirtschaftlichen Zielfeld zu operieren, entsprechende Margen zu erzeugen, Deckungsbeiträge zu erzeugen, den Cashflow so zu halten, dass sich die Investition aus dem Cashflow stemmen kann. Das sind Gesetzmäßigkeiten, die gelten grundsätzlich für jedes Wirtschaftsunternehmen. Die sind aber vielleicht temporär nicht so bedeutend. Beim einen oder anderen chinesischen OEM, weil da eine andere Background ist, weil da auch sozusagen andere KPIs verfolgt werden, weil vielleicht ein längerer Atem da ist.

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Und ich glaube, diesen Spagat zu schaffen, in so einem Kontext auch noch wettbewerbsfähig zu sein und dann auch noch die richtigen Schritte in der Technologie zu machen. Das ist eigentlich die Challenge. Dann gehen wir mal einen Schritt weiter, werden wir konkreter. Die Probleme oder die Herausforderungen sind mannigfaltig. Was muss man jetzt tun, damit dieser chinesische Markt für den deutschen Hersteller nicht verloren geht?

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Also erstens mal Ich glaube nicht, dass es die Frage ist, ob der chinesische Markt verloren geht oder nicht. Der chinesische Markt und die Sättigung der chinesischen Markt ist ja, wenn ich mir die Zahlen anschaue, Ich glaube, die Chinesen sind so ungefähr 220, 230 Autos pro 1000 Einwohner. In Deutschland sind wir bei fast 600. Also das Marktwachstum wird dort noch entsprechend da sein.

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Die Frage ist einfach nur, ob man in einem signifikanten Ausmaß dort an dem Marktwachstum quasi mit profitieren kann. Da der Markt so riesig ist, ist es aus meiner Sicht keine Frage, dass dort auch zukünftig Menge herkommen wird. Momentan haben wir die Schieflage, dass das, was am Produkt Anforderung sozusagen vom chinesischen Markt gestellt wurde, von den aktuellen Produkten, die am europäischen Markt funktionieren, nicht mehr erfüllt wird oder nicht mehr in dem Ausmaß erfüllt wird, dass ich dort in der Masse Menge machen kann.

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Und das ist sozusagen eine Resultierende aus dieser Differenzierung oder Emanzipierung der Anforderung an ihn. In Europa ist es traditionell so, dass das Auto im Wesentlichen das ist auf der einen Seite eine Prestigekomponente gibt. Es gibt irgendwo eine Handwerks- und Quality Komponente und es gibt irgendwo eine Komponente, die hat was mit Fahrbarkeit, mit Fahrdynamik zu tun. Das kommt ein bisschen auch aus der Ecke, dass im Prinzip Europa eine sehr kompetitive, ein bisschen eine Rennkultur hat und das, wenn man sich anschaut: Es gab und gibt keinen Hersteller, der nicht von jedem Modell irgendwie eine GT/GTI wie auch immer Version hat, weil das ist das, wo man hin strebt und deswegen ist ihm diese Driveability wichtig.

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In China hat man lange Zeit geglaubt, man wird den chinesischen Konsumenten auch in diese Richtung entwickeln können. Das war aber nicht so, sondern die sind irgendwann noch mal abgebogen und haben gesagt “Eigentlich...wie das Auto bremst, wie das lenkt, das ist mir eigentlich egal. Perspektivisch würde ich am liebsten gar nicht mehr fahren, am besten autonom. Aber wie es mich unterhält, wie ich es bedienen kann, obwohl ich nicht genau weiß eigentlich, wie Autofahren sozusagen im Kern geht, Das ist mir wichtig.”

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Und daraus hat sich im Prinzip dieses Thema HMI, dieses Thema autonomes Fahren entwickelt. Auch dieses Einfache. Ein elektrisches Fahrzeug sozusagen, das lässt viel, viel weniger Spielraum. Und in diese Richtung sozusagen Fahrzeuge zu profilieren, das geht mit den europäischen Fahrzeugen nicht so gut wie mit den dedicated dort entwickelten chinesischen Fahrzeugen. Und die Antwort ist sehr einfach. Wir müssen jetzt Autos bauen, die letztendlich nach den Kundenanforderungen in China fokussiert oder ausgerichtet sind.

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Und das geht vermutlich am besten in China und wahrscheinlich noch besser in Kooperationen mit chinesischen Herstellern. Und wenn ich mir anschaue, was Audi mit SAIC gemacht hat und ja, das war emotional wahrscheinlich sehr schwierig, rational war es die einzig richtige Entscheidung. Ja, und ich bin überzeugt davon, wenn man das Ganze jetzt mit einem Schritt zurück betrachtet, dass das der Ausgangspunkt für den nächsten großen Schritt sein wird, wo die Europäer oder die Chinesen, je nachdem, wie man sieht, den Spieß umdrehen.

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Früher hat sozusagen China um europäische Joint Ventures gebettelt, um zu lernen, wie man Autos so baut, dass sie nicht auseinanderfallen. Jetzt machen Europäer mit chinesischen Herstellern Joint Ventures, um ein Auto zu bauen, das sozusagen auf der Ebene HMI, auf der Ebene Software auf der Ebene Funktionalität in Richtung ADAS usw den chinesischen Anforderungen entspricht. Ob man das dann auch in Europa so braucht oder verkaufen kann oder was davon, das wird die Entscheidung sein, die man dann treffen muss.

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Aber man hat zumindest die technologische Basis und man muss sie nicht alleine zahlen. Man teilt sich's. Gibt es jetzt irgendwelche chinesischen OEMs, die aus deiner Sicht ganz besonders hervorstechen? Früher war ja eindeutig Mercedes ein Vorbild für alle. Gibt es jetzt umgekehrt so etwas? Gibt es jemanden, an den wir uns da anhalten sollten? Ich glaube nicht, dass das die richtige Frage ist.

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Ja, in China haben sich jetzt verschiedene Hersteller herauskristallisiert, die jetzt sich auch versucht haben zu positionieren. Wenn ich jetzt BYD hernehme, die fahren so ein bisschen die Strategie der chinesische VW Konzern zu werden, die stellen sich sehr breit auf, die gehen sozusagen sehr in Good Value for Money und sind auch äußerst erfolgreich. Zumindest wenn man das Thema Stückzahlen anschaut.

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Wenn man das Thema Marge anschaut, könnte das Bild schon wieder ein bisschen anders sein. Aber ich glaube die Kern Themenstellung ist eine andere. In China steckt hinter dem Entwickeln der Automobilindustrie tatsächlich eine gesamtheitliche Anstrengung sowohl der Industrie als auch des Staates und zwar mit einer unglaublichen Stringenz rein in alle Wertschöpfungsketten. Und dieses Doppelpassspiel zwischen einer Intention einer Region oder eines Landes und der Umsetzung dieser Intention durch die Industrie, das funktioniert in China fantastisch und wir sind seit vielen Jahren in China tätig und auch im engen Austausch mit State Information Center.

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Das sind diejenige, die sozusagen den Content für die Jahrespläne machen und dieser Approach in Richtung Elektromobilität. Auch der Approach in Richtung ADAS, der ist durchaus strategisch intendiert. Das sind mehrere Fünfjahrespläne, die da sozusagen in diese Richtung gegangen sind und die entlang der ganzen Wertschöpfungskette dort Ökosysteme letztendlich aufgebaut haben, von denen jetzt alle Akteure profitieren und wie BYD ist embedded in einem Gesamtsystem.

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Und das ist natürlich eine wesentliche Voraussetzung, um dann am Schluss auch entsprechende Kostenpositionen in den Kernkomponenten zu haben. Und die ist mal der Triebsstrang und die Batterie. Und das ist etwas, was in Europa viel schwieriger ist, weil die Interessen der deutschen Automobilindustrie sind divergent von den Interessen der französischen. Und so stark ist die Europäische Union auch nicht sozusagen im gemeinsamen Interesse entwickeln, dass man diese Stringenz zusammenbringt, wie man in China.

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Und ich glaube, das ist ein bisschen das Problem. Man kämpft gegen einen, sag ich mal besser organisierten Gegner, wenn man das Gegner nennen will. Auf der anderen Seite, der Markt ist riesig, der Markt wächst. Es gibt immer noch, sage ich mal, das Thema Marke, Prestige und es gibt genug Instrumente, um da kompetitiv zu werden. Ich finde es ganz interessant, weil wir haben jetzt damals auf der Uni gelernt, dass ja der freie Wettbewerb die besten Produkte erzeugt.

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Jetzt kann man aber, wenn man da ein bisschen zuhört, das Gefühl haben, na ja, es ist nicht ganz so einfach. Die Chinesen haben wahrscheinlich da gewaltige Vorteile, aber auch sie haben natürlich sehr viel Geld in diese Industrie reingesteckt. Und wie du sagst, die Margen sind jetzt noch nicht unbedingt vielversprechend. Also ich war auch auf der Uni und ich bin nach wie vor der Überzeugung das in the long run ist der freie Wettbewerb ist, weil letztendlich man zwar temporär Kosten sozialisieren kann, man kann subventionieren, man kann trade barriers aufbauen whatever, aber das geht nicht ewig.

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Ja, an irgendeiner Stelle muss dann sozusagen ein eigenständiges, profitables Leben auf den Aktienmärkten möglich sein. Und das beste Beispiel ist für mich das Thema Immobilien war ja auch verknüpft mit Automotive, wenn ich an Evergrande denkt, ihr sehr, sehr große auch in den Automobilbereich einsteigen wollten und dann halt durchaus zweistellige Milliardenbeträge einfach in den Sand gesetzt haben und dann in Summe selber im Sand gelandet sind, weil dieses Netz, das China aufgespannt hat, irgendwann einmal überspannt war und irgendwann auch die Regierung gesagt hat: So, jetzt gibt es eine Marktbereinigung, jetzt mögen die am ehesten wirtschaftlichen überleben und die anderen halt nicht.

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Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wenn ich jetzt zehn Jahre in die Zukunft schaue, dass das auch im Automobilbereich stattfinden wird, weil es ist auch nicht im Interesse von China, dass jetzt eine sozusagen überproduzierende Automobilindustrie am Leben erhalten wird. Am Ende des Tages werden die überleben, die in der Lage sind, dann auch wirtschaftlich zu produzieren, ohne Unterstützung.

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Das heißt, es kommen spannende Zeiten auf uns zu. Was würde es jetzt ganz konkret brauchen, damit die deutsche Automobilindustrie da wieder selbstbewusster auftreten kann oder nach wie vor so ein starker Player bleibt? Also die deutsche Automobilindustrie ist ein starker Player. Ich glaube nicht, dass wir hier in der Vergangenheit denken müssen. Ja, es ist korrekt, dass sozusagen im industriellen Bereich jetzt vor allem, was jetzt Triebstränge elektrifiziert betrifft, aber das immer speziell bei der Batterie, das sieht man ja, das sind wir nicht bei den Motoren, da gibt es durchaus leading edge companies in Europa.

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Wenn ich mir anschaue, was Mercedes da mit seinen entsprechenden Joint Ventures im Elektroantrieb Bereich macht, also da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Die industrielle Fertigung von Batterie ist tatsächlich eine Challenge. Man sieht ja, was mit Northvolt passiert ist. Ich bin happy, dass VW und die PowerCo da dran bleiben und dass sie trotz aller Schwierigkeiten dort diesen Prozess vorantreiben.

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Weil ich glaube, am Ende des Tages ist die Autarkie und das bedeutet die Fähigkeit, in einem großen Ausmaß dort Zellen zu produzieren, eine Voraussetzung für eine stabile und auch wirtschaftliche Automobilindustrie im elektrifizierten Bereich. Also ja, da gibt es Herausforderungen. Ich glaube, die größte Challenge ist letztendlich diese Integration zwischen dem sehr stark ansteigenden Anteil an Software-Funktionalität am und den alten Tugenden des Autos, sage ich mal im klassischen Automobilbau.

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Und da, das sieht man jetzt natürlich auch an verschiedenen Versuchen, quasi Software, Kompetenz aufzubauen, ich glaube, da ist etwas Sand im Getriebe und das ist auch erkannt und daran wird gearbeitet. Das heißt, wenn du mich fragst, was braucht es? Ich glaube, es braucht primär einen entsprechend längeren Atem und es braucht Zeit, letztendlich wieder dorthin zu kommen, in allen Aspekten, wo man gerne wäre.

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Und vielleicht braucht es auch die Erkenntnis, dass man nicht in allen Technologien immer leading edge ist. Die Welt ist groß, es dürfen durchaus auch sozusagen hier andere Regionen den Takt angeben und um Geld zu verdienen. Und letztendlich ist das die Intention. Da geht es nicht um Stolz, es geht darum, Geld zu verdienen, muss man nicht immer der Erste sein - also überhaupt nicht.

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Ein Fast Follower braucht oft weniger Kapitaleinsatz und hat bessere Margen als der erste. Und ich glaube, dass siehe Joint Venture Audi SAIC kann man ja durchaus auch zu seinem Vorteil nutzen. Gut, Christian, da du ja heute schon die Fünfjahrespläne erwähnt hast, wollen wir jetzt auch mal eine Prognose wagen. Es ist das Jahr 2030 und du kaufst dir ein neues Auto.

00:18:49:22 - 00:19:10:09
Was wird es? Ein Deutscher oder ein Chinese? Oder ein Amerikaner? Oder was denkst du? Da brauch ich nicht nachdenken. Ich komme ja noch aus dieser Generation, wo Auto sozusagen etwas mit Fahren zu tun hat. Ich würde ja im Prinzip jedes Display verbannen aus meinem Auto - brauche ich alles nicht. Ich will einfach nur fahren und Fahrdynamik haben und damit hundert Prozentig ein Deutscher.

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Nicht weil ich nicht glaube, dass die Chinesen oder die Amerikaner das können, sondern ich glaube, das wollen die gar nicht. Das ist nicht deren Fokus. Hingegen die deutschen können es und wollen es. Deswegen ein deutsches Auto! Lieber Christian, vielen Dank, dass du heute im EFS Podcast warst und ich freue mich schon auf das nächste Mal. Dankeschön. Freue ich mich auch.

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Sage auch Danke. Das war es wieder mit dem EFS Podcast. Ich bin euer Host Ralph Zlabinger. Vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Ciao!


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